Die Risiken einer Weisheitszahn-OP
Die Weisheitszahn-OP ist der am häufigsten durchgeführte chirurgische Eingriff in Deutschland. Dennoch gibt es natürlich keine Operation ohne Risiko – und insbesondere bei der Weisheitszahn-OP gibt es einige spezielle Gefahren, die Sie kennen sollten.
Um die Risiken so klein wie möglich zu halten, sollte man sich vor der Operation gut informieren, und die Operation nur von einem erfahrenen Facharzt seines Vertrauens durchführen lassen.
- Nicht jede Operation ist notwendig, und bei manchen Menschen ist das Risiko für Komplikationen besonders groß.
- Es gilt aber auch: Weisheitszahn-OPs sind Routineoperationen, die von erfahrenen Spezialisten durchgeführt werden.
Falls eine solche OP also notwendig ist, erfahren Sie hier alles Wichtige zum Eingriff. Den Ablauf, die Kosten & weitere hilfreiche Tipps habe ich im Überblick zur Weisheitszahn-OP beschrieben.
Dieser Artikel widmet sich ganz die möglichen Risiken. Welche gibt es?
Inhaltsverzeichnis
- Entzündung
- Luxation
- Eröffnung der Kieferhöhle
- Fraktur des Tuber maxillae
- Kieferbruch
- Verletzung der Gesichtsnerven (Paresthesia)
- Anästhesiebedingte Probleme
- Nebenwirkungen NACH der Operation
- Längerfristige Folgen der Entfernung der Weisheitszähne
- Zusammenfassung
Entzündung
Eine Entzündung des Zahnfleisches (etwa die weit verbreitete Gingivitis) kann dann entstehen, wenn Bakterien in die Wunde gelangen und vom Immunsystem nicht ausreichend bekämpft werden können.
Wenn die Schmerzen weiter zunehmen, die dicke Backe auch nach 36 Stunden weiter zunimmt, die Wunde sich rötet und eventuell sogar Fieber auftritt, sollten Sie Ihren Arzt konsultieren.
- Ein Zerfall des Blutgerinnsels und eine folgende Entzündung des Zahnfachs bezeichnet man als Alveolitis sicca. Die Wahrscheinlichkeit liegt etwa bei 1%.
- Man kann das Risiko durch die vorbeugende Einnahme von Tetrazyklinen oder eine chlorhexidinhaltige Mundspülung deutlich verringern.
Außerdem sollte man direkt vor und 14 Tage nach der Operation möglichst nicht rauchen.
Luxation
Als Luxation bezeichnet man ein Verrutschen des Weisheitszahns während der Operation, zum Beispiel in Hautfalten oder die Kieferhöhle.
Wenn dies geschieht, muss ein neues Röntgenbild angefertigt werden, damit der Zahnarzt sehen kann, wo sich der Zahn nun befindet. Anschließend wird der Zahn dann entfernt und die Operation normal zu Ende geführt.
Schädigung der benachbarten Backenzähne
Weisheitszähne liegen oft nah an den benachbarten Zähnen, oder stoßen sogar dagegen. Dadurch können die Zähne geschädigt werden. Die gleichen Zähne können aber auch während der Operation beschädigt werden.
- Zum einen kann sich die von dem Weisheitszahn hinterlassende Wunde entzünden und der benachbarte Zahn dadurch geschädigt werden.
- Es kann aber auch sein, dass der Zahnarzt den benachbarten Zahn während der Operation beschädigt, zum Beispiel weil der Knochenbohrer abrutscht.
Möglicherweise tritt der Fall ein, dass der benachbarte Zahn dann ebenfalls entfernt werden muss.
Es ist normal, dass die Nachbarzähne nach der OP etwas schmerzen. Wenn der Schmerz jedoch stark zunimmt und/oder eine Schwellung auftritt, muss man sich an seinen Arzt wenden.
Hinweis: Hier lesen Sie, wie man die Schwellung nach der Weisheitszahn-OP bestmöglich behandelt.
Eröffnung der Kieferhöhle
Die oberen Weisheitszähne können mit ihren Wurzeln nah an der Kieferhöhle liegen. Wenn die Wurzel bereits entzündet ist oder sich eine Zyste gebildet hat, aber auch wenn der Zahn unglücklich liegt, kann beim Entfernen des Zahns eine Verbindung zwischen Mund und Nasennebenhöhle entstehen.
Diese nennt man auch Mund-Antrum-Verbindung (MAV).
Wenn das passiert ist, kann kein Druck mehr aufgebaut werden, wenn man sich die Nase zuhält und dagegen schnäuzt. Stattdessen wird die Luft in den Mundraum gedrückt.
Diese Komplikation ist beim Entfernen der oberen Weisheitszähne relativ häufig.
Damit die MAV sich wieder verschließt, darf der Patient sich 14 Tage lang nicht schnäuzen, und nichts unternehmen, was Druckunterschiede aufbaut, zum Beispiel Tauchen oder Flugreisen.
Außerdem muss für zwei Wochen ein Antibiotikum eingenommen werden, damit die Kieferhöhle sich nicht entzündet.
Fraktur des Tuber maxillae
Der Tuber maxillae ist die hintere Wand der Kieferhöhle, eine knöcherne Erhebung des Oberkiefers hinter den hintersten Backenzähnen.
Beim Entfernen der Weisheitszähne kann es dann zu einer Fraktur kommen, wenn die Weisheitszähne mit dem Kieferknochen verschmolzen sind (Ankylose), wenn der Knochen beim Greifen des Zahns mit erfasst wird, oder wenn beim Herausdrehen des Zahns mit zu viel Kraft gearbeitet wird.
Wenn dies geschieht, muss das Knochenfragment erst wieder einheilen, bevor der Zahn entfernt werden kann.
Kieferbruch
Wenn die Weisheitszähne im Kiefer liegen, muss vom Zahnarzt ein Teil des Kieferknochens abgetragen werden. Auch wenn sich bereits eine Zyste gebildet hatte, ist der Kieferknochen nach der OP sehr empfindlich.
- Die Heilung des Kiefers dauert bis zu drei Monate. In den ersten sechs Wochen nach der Operation ist der Kieferknochen noch weich und nicht mineralisiert. In dieser Zeit ist das Risiko für einen Kieferbruch am höchsten.
- Wenn die sichtbaren Anzeichen der Operation verschwunden sind und keine Schmerzen mehr empfunden werden, neigen Patienten dazu, den Kiefer übermäßig zu belasten, zum Beispiel durch sportliche Aktivitäten oder hartes Zubeißen.
Auch ein Schlag oder Stoß kann zu einem Bruch führen
Bemerkbar macht sich der Bruch durch ein Knacken und Schmerzen beim Kauen.
Wenn der Kieferbruch nicht behandelt wird, kann es zu einer Infektion des umliegenden Gewebes und des Knochens kommen.
- Ohne Operation kann der Knochen auch in Fehlstellung oder unvollständig verheilen, wodurch Probleme beim Schlucken, Kauen und Sprechen auftreten.
- Behandelt wird der Kieferbruch, indem der Kiefer ruhiggestellt wird. Durch eine Operation werden die Bruchenden wieder richtig zusammengefügt und fixiert.
Wenn der Kiefer einfach gebrochen ist, heilt er danach normalerweise wieder problemlos.
Verletzung der Gesichtsnerven (Paresthesia)
Die Äste des Trigeminusnervs laufen unter Umständen nah an den Weisheitszähnen vorbei. Dazu gehört der Nervus alveolaris inferior, der die Unterlippe, die unteren Zähne und einen Teil des Zahnfleischs mit Gefühl versorgt.
- Bei einer Beschädigung kommt es entsprechend zu einem Taubheitsgefühl in diesen Gesichtspartien.
- Ein weiterer Nerv ist der Nervus lingualis, der das hintere Zungendrittel mit Gefühls- und Geschmacksinn versorgt.
Wenn dieser Nerv beschädigt wird kommt es zu einem Taubheitsgefühl in der Zunge und einem teilweisen Verlust des Geschmacksinns.
Zu einer Schädigung der Nerven kann es beim Entfernen des Zahns kommen, die Nerven können aber auch durch die Nadel der Betäubungsspritze verletzt werden.
Zu Schädigungen der Nerven kann es auch kommen, wenn sich ein Hämatom bildet, wodurch der Blutfluss zu einem Nerv unterbrochen wird oder der Nerv gequetscht wird. Dadurch kann es auch zu einer vorübergehenden teilweisen Gesichtslähmung kommen, dies kommt aber nur extrem selten vor.
Die Heilung dauert lange
Die Nerven können sich mit der Zeit regenerieren, was bis zu ein Jahr dauern kann. Manchmal ist der Schaden aber auch dauerhaft und Auswirkungen sind lebenslang.
- In zwei Studien (Jerjes 2010, Cheung 2009) lag das Risiko für einen Nervenschaden während der Operation zwischen 1,1% und 3,3%.
- Das Risiko für einen irreversiblen Schaden lag dabei zwischen 0.3% und 1,7%.
Das Risiko ist größer, wenn eine Vollnarkose durchgeführt wird, wenn der Patient älter ist als 25 Jahre und wenn die Operation von einem unerfahrenen Arzt durchgeführt wird.
Allerdings:
Eine Vorbereitung der Operation mit dreidimensionaler Bildgebung kann das Risiko deutlich verringern. Bei einer Studie in Großbritannien konnte dadurch bei 60% der Patienten, deren Weisheitszahn sehr nah am Nerv lag, der Zahn ohne Probleme entfernt werden.
Anästhesiebedingte Probleme
Jede Narkose bringt ein Risiko mit sich. Bei der lokalen Narkose besteht das Risiko vor allem dadurch, dass durch die Nadel ein Nerv beschädigt wird.
Dies passiert aber sehr selten. Eine lokale Betäubung wird bei der Weisheitszahn-OP immer durchgeführt, auch wenn zusätzlich sediert oder eine Vollnarkose durchgeführt wird!
Heiserkeit, Hals- oder Schluckbeschwerden sind nach der Vollnarkose normal. Zusätzlich kann es zu Übelkeit und Erbrechen kommen.
Mögliche Nebenwirkungen & Risiken der Betäubung
Schwerwiegendere Nebenwirkungen können auftreten, wenn der Patient allergisch auf das Betäubungsmittel reagiert. Selten kann es zu weiteren Problemen kommen, wie
- Blutdruckschwankungen und Herzrhythmusstörungen während oder nach der Narkose
- Missempfindungen und Bewegungseinschränkungen, die in sehr seltenen Fällen dauerhaft sind
- Aufwachen während der Narkose
- In sehr seltenen Fällen (0,00005%) kann es bei einer Vollnarkose zu Todesfällen kommen.
Nebenwirkungen NACH der Operation
Auch während des Heilungsprozesses können einige Komplikationen auftreten, die eine ärztliche Behandlung nötig machen:
Bluterguss (Hämatom)
Bei der OP wird unvermeidlich das Zahnfleisch und das Knochengewebe verletzt.
Daher kann es zu Blutungen im Gewebe kommen, die als Blutergüsse im Gesicht sichtbar werden. Eine typische Folge ist ein blauer Fleck auf der Wange.
Ein besonderes Risiko dafür besteht dann, wenn es sich um eine komplexere Operation handelt, wenn blutverdünnende Medikamente eingenommen wurden, oder wenn der Kiefer nach der OP belastet wird (zum Beispiel durch festes Zubeißen/Kauen).
Blutergüsse können auch erst nach einigen Tagen an die Oberfläche treten.
In seltenen Fällen muss der Bluterguss abgesaugt werden und Antibiotika eingenommen werden, um einer Entzündung vorzubeugen.
Weißes Gewebe (Granulationsgewebe)
Nach einigen Tagen kann man beobachten, dass an der vernähten Wunde weißes Gewebe sichtbar wird. Das ist ein gutes Zeichen!
Es bedeutet, dass die Wunde gut verheilt. Dieses weiße Gewebe ist Granulationsgewebe, das aus neu gebildeten Blutgefäßen (Kapillaren), Fibroblasten und Extrazellulärmatrix besteht.
Aus diesem Gewebe entsteht dann neues, gesundes Zahnfleisch.
Trismus
Trismus ist eine Verkrampfung der Kaumuskulatur, durch die der Mund nicht mehr vollständig geöffnet werden kann. Muskeln und Kiefer fühlen sich steif und unbeweglich an.
Nach der Operation kann ein Trismus auftreten, weil das Bindegewebe im Unterkiefer anschwillt. Mit dem Rückgang der Schwellung verschwindet auch der Trismus.
Der Trismus kann aber auch durch eine Entzündung im Bereich der Kaumuskulatur ausgelöst werden. Wenn neben dem Trismus Schmerzen und Fieber auftreten, sollte auf jeden Fall der Arzt konsultiert werden.
Längerfristige Folgen der Entfernung der Weisheitszähne
Wenn Weisheitszähne durchbrechen, können sich die anderen Zähne im Mund verschieben, und dadurch geschädigt werden.
- Allerdings kann das gleiche auch dadurch passieren, dass die Weisheitszähne entfernt werden. Plötzlich ist dadurch mehr Platz im Kiefer vorhanden.
- Dadurch kann es vereinzelt vorkommen, dass die anderen Zähne im Mund sich mit der Zeit verschieben und auf diese Weise ungerade werden.
Wenn vor oder während der Entfernung der Weisheitszähne eine Zahnspangenbehandlung durchgeführt wird, wird dies normalerweise in Betracht gezogen und die Behandlung entsprechend angepasst und verlängert.
Kieferorthopäden weisen normalerweise darauf hin, dass die Behandlung nicht vollständig abgeschlossen werden kann, solange die Weisheitszähne noch wachsen und ihre Lage verändern und wenn eine Weisheitszahn-OP geplant ist.
Zusammenfassung
Wie jeder andere Eingriff stellt auch eine Weisheitszahn OP ein gewisses Risiko dar - Nebenwirkungen & Fehler sind nicht ganz auszuschließen.
In den meisten Fällen ist die Operation allerdings reine Routine und verläuft ohne schwerwiegende Komplikationen. Um das Risiko zu minimieren, sollten Sie unbedingt ein ausführliches Gespräch mit Ihrem behandelnden Arzt suchen.
Dieser klärt Sie nicht nur gerne über alle möglichen Risiken auf, sondern kann Sie sicher besser betreuen als jeder Ratgeber im Internet.
Falls Sie dennoch weitere Informationen rund um das Entfernen der Weisheitszähne benötigen, dann lesen Sie am besten den ausführlichen Ratgeber zur Weisheitszahn-OP.